Trauer bei Babys und Kleinkindern: Beratung nach dem Verlust eines Elternteils

von | 2 September 2025

Der Verlust eines Elternteils in den ersten zwei Lebensjahren ist tiefgreifend. Das Kind erlebt einen großen Verlust, kann ihn aber noch nicht verstehen. Die Trauer bei Babys und Kleinkindern äußert sich hauptsächlich in ihrem Körper und ihrem Verhalten, nicht in Worten. Daher erfordert diese Altersgruppe eine besondere Art der Beratung.

Wie Säuglinge und Kleinkinder trauern

Säuglinge und Kleinkinder trauern anders als Erwachsene. Ihre Trauer zeigt sich im Protestverhalten, wie es Bowlby (1980) in der Bindungstheorie beschreibt. Ein acht Monate altes Baby, das seine Mutter verliert, erlebt dies als einen großen Einschnitt in sein Gefühl der Sicherheit. Das Kind vermisst vor allem sensorische Erfahrungen: Geruch, Stimme, Berührung und die Art und Weise, wie die Mutter auf Signale reagierte.

Zwischen 6 und 18 Monaten lernen Kinder, dass etwas bestehen bleibt, auch wenn es nicht sichtbar ist (Objektpermanenz). Infolgedessen wird der Verlust komplizierter. Sie suchen nach dem Elternteil, ohne zu verstehen, warum es nicht zurückkommt. Diese Suche kann monatelang andauern und sich darin äußern, dass sie zur Tür schauen, schreien oder zu Zeiten unruhig werden, in denen der Elternteil normalerweise da war.

Was in der Praxis hilft

1. Kontinuität und Struktur
Am wichtigsten ist, dass die tägliche Pflege so stabil wie möglich bleibt. Das bedeutet vertraute Betreuer, gleiche Routinen und erkennbare Geräusche oder Gerüche. Wenn der Vater beim Wickeln immer ein Lied gesungen hat, ist es hilfreich, dies beizubehalten. Dieses Wiedererkennen gibt etwas, an dem man sich festhalten kann.

2. Übergangsobjekte
Ein Kleidungsstück des verstorbenen Elternteils kann unterstützend sein, solange es sicher ist. Der Geruch verblasst allmählich, was bei der Verabschiedung hilft. Manche Familien verwandeln ein Hemd des Elternteils in eine Umarmung.

3. Fotos und Videos
Ab etwa 9 Monaten erkennen Babys Gesichter auf Fotos. Ein Fotoalbum kann täglich angeschaut werden. Achten Sie auf die Reaktion des Kindes: manche werden ruhig, andere unruhig. Videos mit der Stimme der Eltern können beruhigend wirken, aber auch zu intensiv sein. Dosieren Sie und beobachten Sie genau, wie das Kind reagiert.

4. Sprechen Sie weiter
Auch wenn das Kind die Worte noch nicht versteht, ist es gut, weiter über den Elternteil zu sprechen: „Papa ist tot, aber wir denken an ihn.“ Damit legen Sie den Grundstein für die spätere Trauererzählung des Kindes.

Wenn zusätzliche Hilfe benötigt wird

Rückschritte sind normal, z.B. wenn ein Kleinkind wieder in die Windel macht oder ein Baby schlechter schläft. Wenn jedoch schwerwiegende Probleme anhalten, wie z.B. das Nichtessenwollen, extreme Passivität oder das Anhalten von Entwicklungsschritten, ist professionelle Hilfe erforderlich. Dabei geht es nicht darum, „krank zu machen“, sondern darum, Unterstützung zu leisten, wo sie benötigt wird.

Ein Schwerpunkt ist auch die Trauer um den zurückgelassenen Elternteil. Babys spüren stark, wie es ihrer Bezugsperson emotional geht. Ein Elternteil, der deprimiert ist und sich nur mechanisch kümmert, kann den Bindungsprozess ungewollt stören. Daher ist die Unterstützung für den überlebenden Elternteil auch eine Unterstützung für das Kind.

Langfristig

Kinder, die einen Elternteil vor ihrem zweiten Geburtstag verlieren, haben meist keine bewussten Erinnerungen. Was bleibt, sind körperliche und emotionale Eindrücke: ein Gefühl des Vermissens ohne Worte. Es ist wichtig, die Geschichte des verstorbenen Elternteils lebendig zu halten. Nicht in einem Idealbild, sondern als Realität: Dieser Elternteil hat existiert, hat Sie geliebt und ist nicht mehr da.

Dem Kind sollte Raum gegeben werden, den anwesenden Elternteil voll und ganz zu lieben, ohne sich schuldig zu fühlen. Zugleich verdient der verstorbene Elternteil einen bleibenden Platz in der Familiengeschichte.

Quellen

Bowlby, J. (1980). Bindung und Verlust: Bd. 3. Verlust: Traurigkeit und Depression. Basic Books.

Lieberman, A. F., Compton, N. C., Van Horn, P., & Ghosh Ippen, C. (2003). Der Tod eines Elternteils in den ersten Lebensjahren: Leitlinien für die Behandlung von traumatischer Trauer im Säuglings- und Kleinkindalter. Zero to Three Press.

Oosterwegel, S., & Trozzi, M. (2020). Trauernde Säuglinge und Kleinkinder: Die Auswirkungen des frühen elterlichen Verlusts. Child and Adolescent, 41(3), 234-251.

Shonkoff, J. P., & Phillips, D. A. (Eds.). (2000). Von Neuronen zu Stadtvierteln: Die Wissenschaft der frühkindlichen Entwicklung. National Academy Press.

Worden, J. W. (2018). Trauerberatung und -therapie: Ein Handbuch für den psychosozialen Praktiker (5. Aufl.). Springer Publishing Company.